Musizieren im Alter - Instrument spielen lernen für Senioren und Seniorinnen
Aktualisiert: 10. Aug. 2022
Mit Musikunterricht assoziieren viele Menschen Kinder und Jugendliche. Dabei ist Musizieren gar nicht nur etwas für jüngere Menschen. Auch ältere Menschen können durchaus musizieren und das mit viel Spass. Hier ist ein spannender Artikel für ältere Menschen, die gerne ein Instrument spielen lernen möchten.
Warum Menschen erst im Alter musizieren
Je nachdem, wie alt du aktuell bist, hattest du in jungen Jahren vielleicht keine Möglichkeit, ein Instrument zu lernen. Oder es war kein Geld für Musikunterricht da. Vielleicht hast du aber auch einmal angefangen und dann lag das Instrument Jahre oder Jahrzehnte ungenutzt auf dem Dachboden und wartete auf seinen erneuten Einsatz. Jetzt, da dein Berufsleben vorbei ist, besinnst du dich und willst mal wieder loslegen.
Tatsache ist: Immer mehr Senior*innen beginnen damit, (wieder) zu musizieren. Aktuelle Untersuchungen von Professor Altenmüller (Hannover) konnten zeigen, dass es auch für Senioren nicht zu spät ist, sich für ein Instrument zu begeistern und dieses sogar neu zu lernen. Die Frage ist, an welchem Instrument du Freude hast und mit wie viel Zeit und Interesse du an das Projekt herangehst. Das Alter spielt dabei keine Rolle – selbst für 80-jährige ist es möglich, ein Instrument zu lernen.
Die Musik und das menschliche Gehirn
Wenn du es dein Leben lang gewöhnt warst, zu lernen, wirst du es im Alter tatsächlich leichter haben, ein Instrument neu zu lernen. Vielleicht hast du bereits in deiner Kindheit aktiv musiziert. Unabhängig davon, ob du ein Instrument gespielt oder gesungen hast – du hast damit Vernetzungen in deinem Gehirn geschaffen, sogenannte Synapsen, die deine Finger und dein Gehör miteinander verbunden haben. Diese kannst du recht schnell wieder aktivieren, weil sie über viele Jahre, sogar über Jahrzehnte erhalten bleiben. Dabei musst du nicht einmal bei dem Instrument bleiben, das du damals gespielt hast. Du kannst etwas ganz Neues anfangen und dennoch von deinen früheren Erfahrungen profitieren.
Auch für Eltern von Kindern ist das eine gute Nachricht, denn der Musikunterricht, in den sie investieren, zahlt sich für die Kinder auch später noch aus.
Unser Gehirn besitzt bis ins hohe Alter noch die Fähigkeit, etwas Neues zu lernen. Beim Singen solltest du dich darauf einstellen, dass sich deine Stimme im Alter etwas verändert. Das ist aber kein Nachteil, sondern lediglich eine Tatsache, auf die du dich einstellen solltest.
Warum du dich (gerade) im Alter für das Musizieren entscheiden solltest
Untersuchungen konnten zeigen, dass aktives Musizieren im Alter einer Alzheimer-Demenz sogar entgegenwirken kann. Altenmüller betonte in einem Interview, dass er die Wirkung von aktivem Musizieren auf das Gehirn untersucht hat. In seinen Untersuchungen bat er Senioren, aktiv Klavier zu üben. Die Resultate machen Hoffnung – die Auswirkungen sind ausgesprochen positiv. Andere Studien zeigten, dass die Gehirne musizierender Menschen durchschnittlich etwa 5 Jahre jünger sind als die von Menschen, die nicht musizieren. Das liegt vor allen Dingen an der gesteigerten Neuroplastizität, also der Fähigkeit, etwas zu lernen, sein Gehirn zu vernetzen. Musizieren ist demnach eine äusserst komplexe Angelegenheit, nämlich ein Zusammenspiel aus Fingern, mitunter dem gesamten Körper und dem Gehör. Beim Musizieren setzen wir die Noten in Musik um und kontrollieren permanent, ob da auch das erklingt, was wir erwarten.
Die Auswirkungen können sich sehen lassen: Bei vielen aktiv Musizierenden konnte beobachtet werden, dass sich die Reaktionsfähigkeit verbesserte und dass sie auch ein verbessertes Gedächtnis hatten. Sogar die Stimmung konnte sich verbessern.
Aber nicht nur als Vorbeugung gegen Alzheimer-Demenz kann Musik sinnvoll sein. Verschiedene Experimente konnten zeigen, dass sich Schlaganfall-Patienten leichter erholten, wenn sie aktiv musizierten. Auch bei Parkinson und Multipler Sklerose konnten positive Auswirkungen durch das Musizieren festgestellt werden.
Musik und die Stimmung
Musizieren kann sogar deine Stimmung verbessern. Die vielfältigen Auswirkungen von Musik kennen wir alle von gut gemachter Filmmusik. Da werden binnen Sekunden Stimmungen und Gefühle erzeugt, die ohne die Musik nicht möglich wären. Selbst in alten Quellen wird davon berichtet, wie das Musizieren und das Hören von Musik „dunkle Geister vertreiben“ konnte. Diesen Effekt kannst du aktiv nutzen. Denn wenn das Berufsleben vorbei ist, sind viele Senioren auf der Suche nach dem Sinn. Wer da nicht auf eine Vielzahl von Fernsehserien zurückgreifen möchte, könnte diesen Sinn im Musizieren finden. Denn das aktive Musizieren schafft dir ein Ziel – weil du einen bestimmten Klang erzeugen möchtest, weil du ein bestimmtes Stück spielen können willst und / oder weil du dich einem Ensemble oder einem Chor anschliessen willst.
Musik und die Gemeinschaft
Wer nach seinem Berufsleben weniger oder gar keinen Kontakt mehr zu seinen Kollegen hat, kann vom aktiven Musizieren in der Gemeinschaft profitieren. Neben herkömmlichen Ensembles und Chören gibt es aktive Zusammenschlüsse von Senioren, die unter anderem auf die veränderten Stimmlagen und weitere Besonderheiten Rücksicht nehmen, die sich aber auch zeitlich an den Rentnern orientieren.
Beim Musizieren in Ensembles profitierst du gleich mehrfach:
Ehrgeiz: Du möchtest dich voll in die Gruppe einbringen. Das wird viel besser gelingen, wenn du dich etwas vorbereitest. Du hast die Zeit und freust dich schon auf das nächste Zusammentreffen.
Austausch: Wenn du mit anderen Menschen musizierst, wirst du dich automatisch mit ihnen austauschen. Du lernst neue Menschen mit ähnlichen Interessen kennen und das verbindet.
Zusammengehörigkeit: Eine der sogar untersuchten Auswirkungen vom gemeinsamen Musizieren ist das Zusammengehörigkeitsgefühl. Du arbeitest mit anderen auf ein Ziel hin – sei es nun das Beherrschen bestimmter Stücke oder sogar die gemeinsame Vorbereitung auf einen Auftritt. Auf jeden Fall hast du das Gefühl, sinnvoll etwas zu erschaffen und damit kannst du dann sogar andere Menschen erfreuen.
Herausforderung: Vielleicht hast du vorher noch nie oder schon lange nicht mehr auf einer Bühne gestanden und damit im Mittelpunkt des Geschehens. Eine solche Erfahrung kann eine schöne Herausforderung sein. Dadurch, dass du ja nicht alleine bist, musst du dich nicht fürchten und kannst ganz das tolle Gefühl eines Auftritts geniessen.
Kann Musizieren im Alter auch zu schwer werden?
Wichtig ist, dass du die richtigen Stücke auswählst und wenn du dich einer Gruppe anschliesst, dass du solche Menschen suchst, die entweder auf der gleichen Stufe oder maximal etwas fortgeschrittener als du sind. Dadurch fühlst du dich nicht überfordert und dieses Gefühl solltest du auch auf jeden Fall vermeiden. Suche dir für den Anfang leichtere Stücke aus und steigere dich langsam. Deine Lehrperson kann dich gut beraten, denn sie kann deine Fähigkeiten einschätzen.
Solltest du Unterricht nehmen?
Vielleicht denkst du, dass du ja die Zeit hast und dir das Musizieren selbst beibringen kannst. Viel sinnvoller ist es aber, wenn du dich für – vielleicht gezielte – Lektionen bei einer Lehrperson entscheidest. Denn diese kann, wie bereits angesprochen, gut einschätzen, auf welchem Niveau du einsteigst. Gerade, wenn du früher bereits aktiv musiziert hast, weiss sie, wie sie die vergrabenen Talente wieder herauskitzeln kann. Es ist nämlich gut möglich, dass du deine eigenen Fähigkeiten unterschätzt. Ein paar gut gewählte Übungen und du kannst auf einem ganz anderen Status als Anfänger einsteigen.
Ausserdem kannst du von den Kenntnissen deiner Lehrperson auch insofern profitieren, dass sie Fehler ganz einfach sieht und dir helfen kann, sie zu korrigieren. So machst du deutlichere Fortschritte und das steigert den Spass am Musizieren enorm.
Wie findest du heraus, was zu dir passt?
Die Auswahl an Instrumenten ist gross. Entweder orientierst du dich daran, woran du früher schon einmal Spass hattest. Oder du hast sogar noch ein Instrument zu Hause, das du reaktivieren möchtest. Wenn das aber alles nicht der Fall ist, stehst du vor der Auswahl. Stell dir dazu ein paar Fragen:
Was höre ich gerne? Die Antwort auf diese Frage kann dir schon sinnvolle Hinweise geben. Denn wenn du etwas gerne hörst, wirst du es leicht haben, dich zum Erzeugen solcher Klänge selbst zu motivieren. Du wirst gerne üben und Spass an dieser Musikart haben.
Wünsche ich mir Action oder Entspannung? Es gibt solche Musikinstrumente, die du mit ganzem Körpereinsatz spielst. Da kannst du dich richtig auspowern. Denke beispielsweise an Bongos oder Trommeln. Andere Instrumente laden eher zum Entspannen ein. Denke hier etwa an eine Harfe.
Möchte ich auch unterwegs musizieren können? Dann solltest du dir überlegen, zu singen oder dich für ein Instrument entscheiden, das du auch gut mitnehmen kannst. Eine Gitarre, eine Ukulele, Flöte, Geige, Klarinette, Oboe und Co. kannst du einfach transportieren und dann unterwegs aktiv werden. Andere Instrumente, etwa das Klavier oder eine Harfe, sind tendenziell eher stationäre Instrumente.
Wie viel Platz hast du? Wenn du viel Platz hast, kannst du sogar ein Klavier oder ein Schlagzeug unterbringen. Ist das nicht der Fall, solltest du dich für eins der vielen kleineren Instrumente entscheiden.
Möchtest du Noten lernen oder beherrschst du sie bereits? Es gibt Instrumente, die mit Noten gespielt werden müssen, weil sie Melodien erzeugen. Andere Instrumente, beispielsweise Rhythmusinstrumente oder eine Handpan können ohne Noten gespielt werden, weil es dabei eben nicht um die Melodie geht. An den Noten muss es tatsächlich nicht scheitern, denn du kannst sie auch im Alter noch recht einfach lernen.
Hast du noch Fragen?
Wenn du noch unsicher bist, wie du dich entscheiden solltest, zögere bitte nicht, Kontakt aufzunehmen. Gerne beraten wir dich. Oder du möchtest gerne mal ein kleines Paket aus Lektionen bei einer Lehrperson buchen, um auszuprobieren, ob das Musizieren etwas für dich ist. Dann kannst du auch gerne unsere Lehrpersonen kontaktieren. Sie helfen dir gerne dabei, das Richtige für dich zu finden. Auch deine Fragen beantworten wir und unsere Lehrpersonen dir gerne.
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